Es ist selten geworden, Glocken mit Muskelkraft zu läuten. Besonders, wenn sie über 5000 Kilo wiegt. In der Piaristenkirche in Krems gibt es noch vier Glöckner, die diese Traditopn pflegen. Seit 39 Jahren steigen sie fünf mal im Jahr die Stufen empor, um die grosse Glocke zu läuten. Zwei Männer, die diagonal gegenüber stehen, geben dabei den Rhythmus vor. EIn Glöckner ist mehr oder weniger für das Aufwenden von viel Kraft mit dabei. Der „Bremser“ des Quartettes hat beim letzten Glockenschlag die Aufgabe, den Klöppel mi einem Seil einzufangen. Weil die Glockenläuter in einem extrem lauten Umfeld sind und sich mit Reden nicht verständigen können, macht Wolfgang wie ein Dirigent nach dem letzten Schlag eine wischende Handbewegung im Gesichtsfeld von Hans. Das ist das Signal für den Bremser Hans, mit einem Satz in Richtung Klöppel zu springen, und diesen mit zwei Seilumdrehungen und rasches Verzurren am Dachgebälk vor einem weiteren Anschlagen an die Glocke zu hindern. Das gefährliche Manöver machen die Glöckner, damit die Glocke nach dem letzten Schlag sauber verstummt und nicht atonal nachschlägt. Nach dem Läuten setzen sich die Glöckner noch in die Turmstube und feiern den Tag mit einem Glöschen Wein aus der Wachau.
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Gefrorene Trompeten
Egal zu welcher Jahrezeit, bei Firma SCHAGERL im niederösterreichischen Mank werden Trompeten höchster Güte hergestellt. Manche Musiker behaupten sogar, es seien die besten Instrumente der Welt. Ein wohl gehütetes Geheimnis ist die Rezeptur der blauen Masse, welche in die Trompeten gefüllt wird, damit sie formgerecht gebogen werden können. Nach der Befüllung der Schalltrichter mit der Masse wird in einer Kältekammer bei arktischen Temperaturen gekühlt. Etwa minus 80 Grad Celsius zeigt das Thermometer. Danach wird Jedes Instrument durch Biegen von Hand in Form gebracht. Die erstarrte Masse verhindert, dass das Messing unschön einbuchtet. Ein Instrumentenbauer scherzt während der Arbeit; „Hoffentlich vergisst die nächste Abteilung der Produktion nicht, das blaue Zeug rauszuwaschen, sonst gibt es beim ersten Solo Seifenblasen!“
Der Pfingstkönig
Er gehört zu den eigentümlichsten Bräuchen in Pannonien: Die jährlich zu Pfingsten stattfindende Kür zum Pfingstkönig. Mehrere Stunden lang dauert das „Ankleiden“ mit frischen Lindenblättern. Diese Zeremonie wird von den Männern in akribischer Einhaltung der traditionellen Abläufe durchgeführt. Hohes Geschick und Wissen um die handwerkliche Technik gehören dazu, um das Blätterkostüm stabil und haltbar zu gestalten. Zum Schluß bekommt der Bub bei diesem Initiations-Ritual auch eine Kopfbedeckung aus dichtem Laub. Ab nun ist er blind und muß an warmen Tagen durch Trinkhalm mit Wasser versorgt werden. Der Pfingstkönig wird von Mädchen flankiert und so durch das Dorf geführt. Geschenke erwartet die Gruppe beim Läuten an Türen. Eine mitgeführte Musikkapelle spielt manchmal auf und die schlangenförmige Prozession ändert ihre Formation zum Kreis und tanzt im Reigen.
Pilgern nach Mariazell
Nach einem Fußmarsch mit schweren Rucksäcken kehren die Pilger für ein Mittagessen ein. Die Jakobsmuschel haben sie von Santiago de Compostela als Erinnerung an den Camino. Von Klein-Mariazell beim Hafnerberg bis nach Mariazell soll die Route gehen. Bei einem Tagesspensum von etwa 30 Kilometern ist das in drei Tagen zu schaffen. Nach der Besichtigung der Reliquiensammlung beim FLUHM-Orden in Klein-Mariazell geht es über die Araburg nach Lilienfeld und von dort weiter nach Annaberg, Sankt Sebastian und Mariazell. Via Sacra heißt dieser alte Wallfahrer-Weg und so heißt auch das Menü, welches die Wanderer bestellen. Hier im Gasthaus Renzenhof in Kaumberg ist man an Wallfahrer gewöhnt. Nach dem Bestellen hat Herr Pfeiffer, der Wirt, alle Zeit und Ortskenntnis, um die Tages-Route auf der Wanderkarte zu beprechen. Zum Nachlegen von Briketts zieht der Wirt einen weißen Arbeitsmantel und weiße Handschuhe an. Der gußeiserne Ofen hat Fenster aus Glimmer, man sieht das Feuer flackern. Zuletzt bringt die Köchin noch das Stammbuch und bittet um einen Eintrag.